Zu Arbeiten von Franz Brandl aus den neunziger Jahren

„Franz Brandl ein Mann wie ein Bär“. Diese liebevolle Beschreibung verdankt der Künstler Prof. Robert Schmitt, den Brandl als Lehrer sehr schätzte. Als Autodidakt erweiterte Brandl seine Kenntnisse nämlich in Wochenseminaren des österreichischen Gewerkschaftsbundes, welche von Robert Schmitt geleitet wurden.

Das Zitat stammt aus dem Katalogheft zu einer der ersten Ausstellungen Franz Brandls in der Wiener „Galerie Autodidakt“, wo Aquarelle und Ölbilder zu sehen waren..

Seit 1981 ist Franz Brandl ordentliches Mitglied im Kunstverein Kärnten und überdies „einer der liebenswertesten Mitstreiter des Kunstvereins“ (Volkszeitung 4. 2. 1990). Ablesbar ist dies unter anderem an seiner Teilnahme an Gemeinschaftsausstellungen von Kunstvereinsmitgliedern („Drau-Grau-Schön“ September/ Oktober 1992; Kurator Thomas Zaunschirm und „Stille“ Dez. 1992, konzipiert von Gerhild Tschachler-
Nagy und Werner Hofmeister).

Über seine Zeichnungen
Was dem Schriftsteller das Tagebuch, die Notiz, das Festhalten des täglich Erlebten, ist für Franz Brandl die Zeichnung. Oft kombiniert er sie mit einem Hinweis auf das zu notierende Ereignis. Immer aber können diese Zeichnungen für sich selber stehen als eigenständige Produkte künstlerischen Bemühens. Die Zeichnungen sind Ausdruck seines Strebens Wesentliches festzuhalten. Und das Wesentliche setzt sich bei ihm aus verschiedenen Realitäts-Partikeln zusammen. Brandls Zeichnungen sind somit auch Ausschnitte aus einem großen Ganzen und immer im Gesamtzusammenhang zu sehen.

Nur scheinbar haben wir es mit „kleinen“ Skizzen zu tun, die möglicherweise Nebensächliches aufzeichnen. Die „kleinen“ Skizzen sind täglich angeregte Arbeit, die vorzugsweise an den Abenden entsteht. Ausdrucksmittel ist schwarze Tusche.

Auf einer dieser Federzeichnungen (vom 27. Dez. 1993) findet sich die Notiz „Zeit urbar machen“ angebracht. Es handelt sich dabei um einen Aphorismus Georg Christoph Lichtenbergs aus dessen „Sudelbüchern“. Mit dieser Formulierung wird für mich auch das künstlerische Bemühen von Franz Brandl treffend umschrieben, fügt Brandl seine zeichnerischen, aphoristischen, Kommentare ein. Zeit urbar machen. „Aber wie?“, fragt Franz Brandl. Und antwortet sich gleich selbst: „Vielleicht so“: ER legt einen Raster über das weiße Zeichenblatt.

Der Raster wird zum Koordinatensystem für Brandls Beobachtungen. Der Künstler nimmt damit auch Bezug auf moderne medizinische Geräte, mit denen man das Innere des menschlichen Körpers aufzeichnen und schließlich auf einem Bildschirm „aufrastern“ kann, um Krankheitsherde genau markieren zu können. Brandls Thema ist somit auch das – gesellschaftliche Regelwerk, in das der Mensch eingeordnet ist.

Diese Tendenz findet sich eigentlich schon in den „Federzeichnungen über George Orwells 1984“, die Anfang der 80ziger Jahre entstanden sind. Die menschliche Figur ist bereits in diesen Zeichnungen quasi „in einen Rahmen gespannt“. Sie muss ihre Begrenzungen, die Spielfelder, auf denen sie tätig sein kann, erkennen. Auch der Serie von Brandls, seit 1992 entstandenen, „Soll und Haben“ – Zeichnungen liegt eigentlich ein Raster zugrunde. Der Künstler bearbeitet hier nämlich nicht das „reine“, weiße Zeichenblatt, sondern seine Zeichnungen entstehen auf den
Blättern eines alten „Kassabuches“ aus der Brauerei, in denen früher sämtliche Ein- und Ausgänge das Sorgendorfer Bier betreffend verzeichnet wurden.

Die 1993 im Künstlerhaus-Café in Klagenfurt ausgestellten Arbeiten aus dieser Serie hatten zumeist erkennbare Buch-Landschaften zum Inhalt. Wohl weil das geschriebene Wort eine wichtige Inspirationsquelle für den Künstler ist. Diese Arbeiten waren noch in einem Braun-Ton gehalten. Diese Serie wurde später auch farbiger. Brandl mischt die Tusche mit Acryl, spritzt die Mischung auf das Blatt und erzielt somit verschiedene Farb- Effekte. Die Motive werden in späteren Arbeiten abstrakter. Mit der
Tusche werden größere Flächen „zugezeichnet“, das dreidimensionale
Element tritt in den Vordergrund.

Über seine Malerei
Die Zeichnung wird in der Arbeit Franz Brandls immer wieder von
Phasen der Malerei abgelöst. Brandls Bilder wurden vom Künstlerkollegen
Hans Hiesberger wie ein „glücklich geführtes Gespräch“ gesehen, „das
man mit einem künstlerisch geforderten Menschen haben kann“. In früheren Jahren stand die Aquarell-Malerei mehr im Vordergrund, zu Beginn der neunziger Jahre stellten die Kritiker dann allerdings fest, dass Brandl „zu neuen Ufern“ begab, „indem er auf großen Formaten ins Acryl- und Ölland segelte“.

Von der Wichtigkeit des geschriebenen Worts für Franz Brandl war schon die Rede. Ausgangspunkt einiger Ölbilder ist Heinrich Manns lange verschollener Roman „Der Kopf“, in welchem ein Porträt der Führungsgeschichte des Wilhelminischen Deutschland vor dem ersten Weltkrieg beschrieben wird.

Brandl hat sich aber sukzessive von dieser „Vorlage“ entfernt, ohne dass „Der Kopf“, ohne dass die Gedankenwelt für die Arbeit weniger wichtig geworden wäre.

Das bei den Zeichnungen wichtiger werdende Raster System findet sich auch in malerischen Arbeiten. Ursprünglich hat der Künstler die Raster in einem komplizierten verfahren auf die Leinwand aufgebracht. Mehr und mehr werden diese Raster nun aber direkt mit der Ölfarbe appliziert. Was die Motive angeht, so ist neben dem Auftauchen des Rasters auch die Wiederkehr des Fensters festzustellen. Brandl beschreibt einmal mehr den in seiner Existenz festgehaltenen, markierten, in Koordinaten eingeordneten Menschen.

Brandl arbeitet malerisch mit den verschiedensten Techniken. Im Jahr 1993 wurde er von der Stadtgemeinde Bleiburg, seiner Heimatgemeinde, damit beauftragt, das Fresko „Der alte Türke“ neu zu schaffen. Es handelt sich dabei um eine bis 1960 bestehende, barocke, Fresko- Malerei auf einem Blindfenster des alten Rathauses, das der Spitzhacke zum Opfer gefallen war.

Brandl schuf ein zeitgemäßes Abbild des „alten Türken“ und ging in seiner Arbeit auf die Struktur der barocken Malerei sowie auf die ursprünglichen Farben ein.

Über seine Objekte
Franz Brandl legt auch Wert auf die Feststellung, dass viele seiner Beobachtungen nicht primär über das Auge sondern „über das Ohr“ zustande kommen. Das heißt auch, dass neben der Literatur die Musik für ihn als Inspirationsquelle mindestens ebenso wichtig ist.

Bei der Jahresausstellung des Kunstvereines Kärnten 1991 unter dem Titel „Ton – Bild-Aktion“ konnte man sich von der Qualität seiner akustischen Beobachtungen überzeugen. Franz Brandl präsentierte mit seinem Objekt „China-Kipp“ eine „kinetische Graphik“. Ein großes Holzgerüst gab den Rahmen für verschiedene graphische Elemente ab. In der Mitte befand sich das „Kipp“-Objekt, welches mit einem Hebel in Gang gesetzt werden konnte. Auf diesen Elementen waren Orgelpfeifen angebracht. Mit diesen Orgelpfeifen hatte der Kärntner Komponist Bruno Strobl eine Tonfolge arrangiert, die durch die nach unten kippenden Elemente erklang.

Franz Brandl
bewahrt neben dem Original-Objekt auch noch eine dreidimensionale Skizze zu dieser Arbeit auf. Als ein weiterer, letzter, Beweis für Brandls künstlerische Vielseitigkeit soll hier seine Gestaltung der 13. Station des „Kreuzweges“ („Jesus wird in den Schoß seiner Mutter gelegt“, Halb-Relief, 1999) in Stein im Jauntal genannt werden

Heimo Strempfl

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